Meinung: Puerto Rico


Der erste Eindruck von »Puerto Rico« ist sehr gut: viel Material, grafisch schön aufbereitet, qualitativ hochwertig. Die Anleitung ist gut aufgebaut, wenn auch vielleicht etwas zu textlastig. Die Schachtel ist gut gefüllt und hat einen zweckmäßigen Einsatz.

Das Spiel selbst ist eigentlich ganz einfach, denn jeder Spielzug besteht nur aus einer Aktion: wählen einer Rollenkarte und Ausführen der zugehörigen Aktion. Doch die Auswirkungen dieser Wahl sind nicht trivial, und leicht passiert es, dass man mit seiner Wahl einem Mitspieler mehr hilft als sich selbst.

Doch gerade darin liegt der Reiz dieses Spiels – ein subtiles Ringen um den kleinen, aber entscheidenen Vorteil. Es gibt nur wenige Möglichkeiten, um an die letztendlich wichtigen Siegpunkte zu kommen, und dennoch gibt es viele Wege, die zum Sieg führen können.

Man wählt die Plantagen aus, die man baut, und somit die verfügbaren Rohstoffe. Man wählt die Gebäude aus, und somit Fähigkeiten, um das eigene Spiel zu optimieren. Man wählt die Einsatzorte seiner Arbeiter aus, um damit bestimmte Plantagen und Gebäude zu aktivieren. Und man muss versuchen, die entscheidenen Siegpunktaktionen immer gerade dann auszuführen, wenn sie einem selbst am meisten bringen.

Doch natürlich versuchen die lieben Mitspieler das Gleiche, und alle Informationen außer der Anzahl an bereits erzielten Siegpunkten liegen offen. Das Spiel lebt somit von der Interaktion und von vielen kleinen, unspektakulären Entscheidungen, die erst in der Summe den großen Unterschied ausmachen können.

Alle Spieler „belauern“ sich gegenseitig, und niemand schenkt dem anderen etwas. Trotzdem kommt das Spiel ohne ein offen destruktives Element aus. Vielmehr sind ein gutes Timing und Übersicht wichtig.

Insgesamt ist »Puerto Rico« ein Spiel, dass viele Möglichkeiten für unterschiedliche Strategien anbietet. Der Glücksanteil ist minimal und nie destruktiv. Zu jedem Zeitpunkt sind alle Spieler involviert, und wer gewinnen will, muss ständig seine Mitspieler beobachten.

Einzige Schwachpunkte sind der relativ große Aufbauaufwand (auch aufgrund der Anpassung der Materialmenge abhängig von der Spieleranzahl) und die Tendenz zu sehr hoher Spieldauer bei denklastigen Mitspielern.

Dennoch lohnt sich dieses Spiel wirklich immer!

2–5 Spieler, Spieldauer 90–150 Minuten.

Fazit: Das Strategie-Spiel schlechthin. Kein leichter Einstieg, aber lohnt sich!

Stefan Malz, 27. Dezember 2010 (#104)
 

Autor:
Andreas Seyfarth

Illustration:
Franz Vohwinkel

Verlag:
alea

Erscheinungsjahr:
2002