Meinung: Agricola


Spät dran sind wir – eigentlich gehört »Agricola« heute schon fast zum alten Eisen. Trotzdem haben wir es uns erst jetzt zugelegt und es hat sich wirklich gelohnt. Alle reden davon, dass »Agricola« ein komplexes Spiel sei. Das stimmt im Prinzip, klingt aber viel zu respekteinflößend. Auch die Menge an Spielmaterial schafft es, einen gewichtigen Eindruck zu machen. Und trotzdem ist es eigentlich ein ganz einfaches Spiel.

Auch wer »Agricola« das erste Mal spielt, sollte gleich zur kompletten Fassung greifen. Es sei aber dringend empfohlen, sich das Spiel erklären zu lassen, denn die Anleitung ist zwar vollständig, aber nicht wirklich eingängig gestaltet, und aufgrund der schieren Textmasse (16 Seiten DIN A4 voller Text) äußerst abschreckend.

In der sogenannten „Familienfassung“ (besser wäre der Begriff „Einsteigerfasung“ gewesen) fehlen Ausbildungen und kleine Anschaffungen. Und gerade diese machen erst den hohen Wiederspielreiz des Spiels aus, da man bei jedem Spiel eine andere Kombination dieser 7+7 Karten hat.

Hat man »Agricola« erst einmal erklärt bekommen, spielt es sich ausgesprochen einfach. Reihum setzt jeder Spieler einen seiner Bauernfamilienmitglieder auf ein Aktionsfeld und führt dieses sofort aus. Am Ende von 6 der 14 Runden kommt es zu einer Erntezeit, in der alle Leute mit Nahrung versorgt werden wollen, die Tiere sich vermehren und Getreide und Gemüse von den eigenen Äckern geerntet werden.

Alle Abläufe sind klar strukturiert und werden durch das Spielmaterial hervorragend unterstützt. Jedes Spielelement ist in sich logisch und passt in den Gesamtablauf. Abläufe auf dem Bauernhof werden mit einfachen Mitteln fast realistisch dargestellt, wodurch sich ein angenehmes Spielgefühl entwickelt.

Die einzigen Glücksfaktoren sind die Zuteilung der 7+7 Karten an jeden Spieler und die Reihenfolge der Rundenkarten. Dadurch sind keine zwei Spiele gleich, und man muss sich immer an neue Gegebenheiten anpassen. Trotzdem kommt kein Ohnmachtsgefühl durch Würfelpech oder ungünstiges Ziehen von Karten auf.

Haben die Spieler zu Beginn erst einmal ihre 7+7 Karten in Ruhe durchgelesen und sich für eine Strategie entschieden, läuft der Rest des Spiels relativ flüssig und ohne große Wartezeiten ab. Zu fünft kann das Spiel zwar durchaus 2 Stunden und länger dauern, aber diese Zeit erscheint einem eigentlich nie zu lang.

Dieses Spiel hat zu Recht eine kaum noch zählbare Anzahl an Preisen weltweit erhalten! Ein echter Klassiker …

1–5 Spieler, Spieldauer 30–150 Minuten.

Fazit: Das Aufbauspiel schlechthin – noch immer ein absolutes Muss!

Stefan Malz, 23. Juni 2010 (#89)
 

Autoren:
Udo Rosenberg

Illustration:
Klemens Franz

Verlag:
Lookout Games

Erscheinungsjahr:
2007